Auf einem Auge blind – Der Bundespräsident und seine Kölner Rede zum Islam

Zum 50. Geburtstag des Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) hielt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Köln eine Rede. (Wer nachlesen möchte: Hier ist Steinmeiers Rede im Wortlaut). Nun ist der Bundespräsident bekannt für seine religionsfreundliche Haltung, um es freundlich zu sagen. Kein Kirchentag ohne seine Präsenz (s. sein Auftritt im Juni in Nürnberg), keine Weihnachtsansprache ohne seinen Segen. Und nun also die Umarmung des Islam. Aber schauen wir uns die Rede einmal genauer an:

Religion kann verbinden – auch über die eigene Religion hinaus!

Damit ist klar: Der Endgegner sind für ihn nicht andere Gläubige, sondern die Ungläubigen, also die, die alle Glaubensgebäude hinterfragen. Und so erwähnt er in seiner Kölner Rede zwar Andersgläubige, aber wir, die Ungläubigen – immerhin rund die Hälfte der Bevölkerung, müssen wie immer bei ihm draußen bleiben. 

Heute gehört auch die Vielfalt des Islam, die Vielfalt von über 5 Millionen Muslimas und Muslimen zu unserem Land.

Sehr schön vage formuliert, das hat er von seinem Vorgänger Wulff gelernt. Nicht der Islam gehört zu Deutschland, sondern seine Vielfalt, welche die Vielfalt der 5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens ist. Eigentlich ein No-Brainer: Natürlich gehören die Menschen, die hier dauerhaft leben, zu Deutschland, egal was sie glauben oder nicht. Hatte irgendjemand das bezweifelt?

Ich bin dankbar für die Initiativen, die der VIKZ und all die angeschlossenen Moschee- und Bildungsvereine angestoßen haben. Sie bringen Leben in den interreligiösen Dialog.

Aha, da ist er ja schon, der oft bemühte interreligiöse Dialog. Nicht der Dialog zwischen Weltanschauungen, das wäre ja zu anstrengend, da müsste man womöglich seinen Glauben in Frage stellen oder zumindest anerkennen, dass man mit dem Glauben an unsichtbare Freunde im Himmel eher in eine Minderheit ist und das diese Überzeugung eher keine gute Basis für Politik ist.

Religion kann verbinden – auch über die eigene Religion hinaus!

Klar, dann muss man sich nur noch einigen, wie der imaginäre Freund im Himmel so drauf ist und welche Werte er so hat, zum Beispiel welches Fleisch wir seiner Meinung nach essen und welche Kleidung Frauen am besten tragen sollten und ob man kleinen Jungs die Vorhaut amputieren darf ohne ihr Einverständnis. Das kann ja nicht so schwer sein. 

Religionsfreiheit heißt eben gerade nicht, dass unser Land frei von Religion sei – nein, es heißt, den Religionen Raum zu geben und die Freiheit der Gläubigen, aller Gläubigen zu schützen.

Hier muss man sich fragen, ob er Religionsfreiheit nicht verstehen kann oder nicht verstehen will. Es geht nicht darum, ein Land frei von Religion zu machen, sondern darum, dass Religion und Staat getrennt sein sollten. Was einzelne glauben oder eben nicht, ist ihre Angelegenheit, solange sie sich im Rahmen der Gesetze bewegen. Ja, die Freiheit der Gläubigen muss vom Staat geschützt werden. Genauso wie die Freiheit der Menschen, die nicht glauben. Doch die berühmte „hinkende Trennung“, die Religionen eine privilegierte Behandlung durch den Staat ermöglicht, benachteiligt heute ganz konkret die Ungläubigen. Wir denken nur mal an den dritten Weg beim Arbeitsrecht für kirchliche Arbeitgeber oder den Religionsunterricht in der Schule, für den es oft kein Ersatzfach gibt. Ein weites Feld.

Ich kann Sie alle nur weiter ermuntern: Nehmen Sie Ihren Platz in der Mitte unserer gemeinsamen Gesellschaft ein!

Vielleicht sollten wir auch mal darüber sprechen, wie viel Raum der Islam in Deutschland schon jetzt einnimmt? Von muslimischen Schwimmbädern über Muezzin-Rufe bis zu Rücksichtnahme auf den Ramadan in Schulen gäbe es da einige Themen zu diskutieren. Vielleicht sollten wir Säkulare mal ein bisschen mehr Platz einfordern.

Religion ist Quelle von Kraft. Und wir sollten alles daransetzen, die Kraft der Religionen für den Zusammenhalt in unserem Land zu nutzen.

Ich übersetze mal frei: Wir Gläubigen müssen zusammenhalten, damit die verdammten Atheisten nicht noch mehr Raum einnehmen. Die Rede endet mit der Lobpreisung der religiösen Vielfalt, die so gar nicht zu der Stellung des Bundespräsidenten eines säkularen Staates passt. Aber auf dem Auge ist Steinmeier ja bekanntermaßen blind:

„Aus der ökumenischen Annäherung der christlichen Kirchen stammt der Begriff der „versöhnten Verschiedenheit” – der sich, so denke ich, auch größer denken ließe: dass wir in unserer Gesellschaft der religiösen Vielfalt die Eigenständigkeit und Einzigartigkeit der verschiedenen Religionen würdigen. Dass wir versöhnt, mit Respekt, mit Hochachtung, im Dialog einander gegenübertreten.

So kann Religion einen Beitrag dazu leisten, dass unser Land das ist, was wir sein wollen: ein offenes Land mit gelebter Vielfalt, mit Menschen, die aufeinander zugehen und füreinander da sind.“

Amen, Geschwister.

https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2023/09/230916-Verband-Islamische-Kulturzentren.html