Gottlos spezial: der Heilige Rundfunk

Haupteingang des hr, auf der anderen Straßenseite die katholische St. Franziskus-Kirche

Religiöser Lobbyismus bei den Öffentlich-Rechtlichen

Rundfunkbeiträge müssen in Deutschland alle zahlen, ganz gleich, ob jemand einen Fernseher besitzt oder allabendlich seinem Schäferhund Goethes Zauberlehrling vorliest. Sie sind Herzchirurgin, Pilot, DAX-Vorstand oder Bergmann und wollen sich bei der Arbeit ein bisschen bei den „Roten Rosen“ entspannen? – Aus beitragstechnischer Sicht kein Problem, denn Ihr Arbeitgeber muss ja für Sie Rundfunkbeiträge zahlen.

Dass diese merkwürdige Konstruktion rechtlich gesehen keine Steuer ist, liegt unter anderem daran, dass es vertragliche Grundlagen gibt, in denen nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten der Sendeanstalten festgelegt sind. Im Fall des Hessischen Rundfunks ist dies das Gesetz über den Hessischen Rundfunk vom 2. Oktober 1948 („hr-Gesetz“) in seiner jeweils aktuellen Fassung (zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Oktober 2016).

Einige Privilegien der Kirchen sind in diesem Gesetz ausdrücklich festgeschrieben:

So sollen laut § 3, Absatz 2: „Die Darbietungen (…) Gottesdienst und Erbauung vermitteln (…).“

In § 5 geht es um den Rundfunkrat. In Absatz 1 heißt es: „…Seine Mitglieder sind nicht Vertreter einer Partei, einer Konfession, eines Standes oder einer Organisation; sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden…

Und weiter in Absatz 2: „Zum Rundfunkrat entsenden einen Vertreter (…) die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche, der Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen, (…) die muslimischen Glaubensgemeinschaften.(…)

Die Mitglieder des Rundfunkrates, die von religiösen Organisationen entsandt werden, vertreten also keine Konfession? Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Mehr über die Kirchen im Rundfunkrat des hr

Durch lobbyistische Glanzleistungen gelingt es den Kirchen weitaus mehr als nur den gesetzlich verbrieften Teil des derzeit rund 8 Milliarden Euro umfassenden Beitragskuchens für ihre Zwecke abzuweigen, sei es bei der Besetzung der Kontrollgremien oder bei der Gestaltung der redaktionellen Programmteile. Übrigens: In nur sehr wenigen Fällen sind Betriebsstätten von der Pflicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen befreit – dazu zählen zufällig auch „Räumlichkeiten, die aussschließlich gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind.“ (Quelle: www.rundfunkbeitrag.de)

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sind heute ein medialer Selbstbedienungsladen für alle gesellschaftlichen Gruppen, die eigentlich durch einen unabhängigen Rundfunk kontrolliert werden sollen – nicht nur, aber eben auch für Kirchen.