Alle Antworten von „Rainer Wein“

1. Warum glaubst Du nicht an das, was in der Bibel oder dem Koran steht?

Die Frage sollte für mich lauten: Warum gewährleistet eigentlich Tradierung in meiner Community ewige Wahrheit und Göttlichkeit von Texten? Viele von uns wachsen in mehr oder weniger religiösen Familien auf und nehmen die Bibel und den Koran so selbstverständlich als Gottes Wort an wie sie andere kulturelle Überlieferungen ihrer Eltern und ihrer Community übernehmen. Spätestens als Erwachsene aber sollten wir anfangen, uns zu fragen, warum gerade unsere Community die Wahrheit über den einen Gott ererbt und tradiert hat. Es ist zutiefst menschlich, aber falsch, etwas als wahr voraussetzen, nur weil es tradiert worden ist von den Menschen, den wir vertrauen. Das lerne ich als kritisch denkender, aufgeklärter Mensch. Ich befrage die heiligen Texte mit kritischer Vernunft. Sie müssten sich mir als außerordentlich, als überlegen ethisch, als wirklich überirdisch aufdrängen – im Vergleich zu all dem anderen, was sich sonst noch so als heilig ausgibt.

Und das tut keines dieser angeblich heiligen Bücher. Sie bleiben z.B. ethisch weit hinter unseren modernen Standards zurück (Menschenrechte für alle, soziale Gerechtigkeit für alle Minderheiten). Sie sagen nichts Überzeitlich-Erhellendes, das heute noch relevant wäre und für einen überzeitlich vorausschauenden Gott spräche. Sie erweisen sich als überholt, zu anderen Menschen in einer anderen Zeit sprechend. Sie drohen mit der ewigen Hölle für alle Nichtgläubigen, die zufällig in einer anderen Kultur aufwachsen und gar nicht die Chance haben, diesen einen „wahren“ Gott zu finden. Und für die großen Gestalten wie Jesus und Mohammed gilt ebenfalls, dass sie bei Licht besehen keineswegs so großartige Vorbilder sind. Mohammed z.B. führte über 80 Kriege und war verbündet mit dem organisierten Verbrechen. Jesus war in Wahrheit zutiefst in der jüdischen Kultur gefangen und wollte von Heiden nicht viel wissen (Mk. 7,24-30, Abweisung der „Heidin, aus Syrophözien“ in Tyrus). Er sah sich selbst überhaupt nicht als das, was erst Paulus aus ihm machte: der angebliche Messias der ganzen Menschheit. 

Die Bibel zeigt sehr deutlich, dass sie menschengemacht ist, aus sehr verschiedenen Quellen zusammengesetzt ist. Oft sieht man die Nahtstellen. Sogenannte Synopsen stellen z.B. die vier Evangelien gegenüber und zeigen all die Unterschiede und Widersprüche (hypothetisches Logienquelle Q als zweites ursprüngliches Evangelium neben dem Markus-Evangelium, die anderen haben ausgebaut und ausgeschmückt, viele Widersprüche wie etwa zur Herkunft Jesu).

Paulus war es, der das Christentum als eigenständige Religion erschuf, ansonsten wäre es eine kleine jüdische Sekte geblieben. Das schreiben die neutestamentlichen Experten auch freimütig. Aber dieser Paulus lag komplett daneben mit seiner absoluten Naherwartung des Reiches Gottes. Wieso sollte ich dann fast 2000 Jahre später an seinen Christus und seinen Gott glauben?? Man nennt dies das Problem der Parusieverzögerung.

Alle Antworten auf Frage 1

2. Was könnte Dich davon überzeugen, dass es Gott wirklich gibt?

Nun gut: Setzen wir einen Gott voraus, der nicht in das Weltgeschehen eingreifen will und der auf seinen heiligen Text als die Offenbarung an uns setzt, an den wir gefälligst glauben sollen. Für mich dürfte dieser Text der Vernunft nicht widersprechen. Führende christliche Theologen haben deshalb über viele Jahrhunderte immer wieder betont, dass uns Gott die Vernunft gegeben hat, um auch in der Welt seinen Willen zu erkennen. Und uns erklärt, dass nichts, was die in die Natur eingeschriebene Gesetze betrifft, der Offenbarung und dem Glauben widerspricht, weil eben diese Vernunft ein Instrument ist, das Gott uns gegeben hat. Pustekuchen! Wenn diese Vernunft jetzt ganz und gar dem Glauben widerspricht, dann ist doch die Frage berechtigt, warum dieser Schöpfergott uns mit der Bibel ein solch unglaublich schwaches Zeugnis seiner Offenbarung gegeben hat, das durch die von ihm geschenkte Vernunft als sehr irdischer, widersprüchlicher und die Gottesthese widerlegender Text entlarvt wird, sobald man sich wirklich intensiv und kritisch mit ihm beschäftigt.

Meine Überzeugung, dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht, ist eine Hypothese aufgrund bisheriger Erfahrungen. Erfahrungen die z.B. Auschwitz einschließen. Wie konnte Gott so etwas zulassen? Ein existierender Gott hätte bei mir leichtes Spiel, mich durch Taten von seiner Existenz zu überzeugen. Er könnte dafür sorgen, dass morgen Putin und Selenski gleichzeitig aufwachen und sagen, dass aufgrund göttlicher Eingebung mit dem Krieg in der Ukraine umgehend Schluss gemacht werden muss. Er könnte uns morgen das Patentrezept dafür geben, wie wir den Klimawandel mit besserer Technologie in den Griff bekommen, ohne unserer Wirtschaft zu ruinieren. Er könnte dieses Patentrezept, das seine Erde retten würde, wenn er existierte und ein gütiger Gott wäre, allen führenden Wissenschaftlern der Welt gleichzeitig übermitteln, damit keine neue ökonomische Ungerechtigkeit entsteht …

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3. Willst Du nicht lieber an Gott glauben, für den Fall, dass es ihn gibt?

Das ist Pascals Wette! Was wäre denn dieser Glaube? Ein reiner Opportunismus aus Angst. Ich glaube, weil ich bestraft werden könnte nach meinem Tod, dafür dass ich nicht geglaubt habe.  Pascal stellt auch die vierte Konstellation seiner Wette – ich glaube, Gott aber existiert nicht, ich gewinne nichts, verliere aber auch nichts – völlig falsch dar. Ich verliere sogar ziemlich viel: nämlich meine intellektuelle Unabhängigkeit. Ich unterwerfe mich einem Glauben, richte mein Denken an diesem Glauben aus allein aus Angst, ansonsten nach dem Tod Höllenqualen zu leiden. Was für ein Gott wäre das, der sich solch schwache, in sich völlig widersprüchliche Träger seiner Wahrheit ausgesucht hat wie diese Texte (Bibel, Koran) und dann ewiges Feuer für jene vorsieht, die mit ihrem Verstand an dem zweifeln, was sie dort lesen – aufgrund eines Werkzeuges, das eben dieser Gott ihnen gegeben hat.

Alle Antworten auf Frage 3

4. Vermisst Du nicht jemanden an Deiner Seite, der in den schweren Zeiten für Dich da ist, und der immer zu Dir hält und Dich so liebt, wie Du bist?

Nein, dafür sind zwischenmenschliche Beziehungen zuständig. In einer Partnerschaft lernt man hoffentlich, sich gegenseitig so zu lieben, wie man ist. Idealerweise wählt man sich den Partner / die Partnerin so aus, dass eben dies möglich ist. Was nützt mir Liebe ohne jedes echte Zeichen an mich zurück? Denn ein solches wird unsere Projektion Gott nicht liefern können. Gottesliebe ist deshalb die absolut einseitigste Liebe, die man sich vorstellen kann. Es ist, wenn sie sich wirklich auf eine Gottesvorstellung fokussiert, eine Liebe für einsame, tendenziell verzweifelte Menschen, die mein Mitleid verdienen.

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5. Hast Du keine Angst vor dem Tod?

Vor dem Tod nicht, aber vor schweren Krankheiten, vor dem Altern – wo einem keine Religion hilft.

Es ist für mich tröstlich, dass ich unsere menschliche Unfähigkeit, zu lernen aus der Geschichte und aus dem wissenschaftlichen Fortschritt, nicht ewig ertragen muss. Dass ich sozusagen nur Gast dieses absurden Theaters bin. Einem solchen Lebensgefühl hat der Philosoph Arthur Schopenhauer genial Ausdruck gegeben. Es tröstet, wenn man ein Stück weit von hinter den Kulissen auf das Theaterstück schauen kann, mit ein wenig Distanz und in erhabenen Momenten dem Gefühl, dass das Ganze ein Spiel ist, bei dem man nur mit einer gewissen Als-ob-Haltung mitmacht. Das enthebt einen auch von all dem „Du-musst“, das von den anderen an uns herangetragen wird. Ich muss gar nichts! Schon gar nicht so sein, wie du mich willst. Ich bin zufälliger Gast hier auf Erden in einer zufällig so gewordenen Gesellschaft. Ich habe nur das eine, kurze Leben. Ich binde mich an Normen, weil ich das will und für richtig erachte und weil ich andere als ebensolche Gäste mit gleichen Rechten betrachte, die mir dann aber umgekehrt auch mein Recht auf meine religions- und ideologiefreie Existenz zubilligen.

Ewiges Leben auf der Erde wäre auch die Hölle. Wenn wir alle Krankheiten besiegen und die biologische Uhr stoppen könnten, würden wir zu hyperbesorgten Risiko-Vermeidern und völlig pathetische Vermeider von Gewalt und Unfällen, die uns ja nach wie vor töten könnten. Keiner würde z.B. mehr fliegen wollen. Und Geburten würden natürlich ein Privileg für wenige, was alles in einer schrecklichen Dystopie enden würde.

Die christlichen Vorstellungen vom Leben nach dem Tode sind bei Licht besehen auch entsetzlich und widersprechen unserer Natur. Esther Vilar hat darüber geschrieben – unter der Prämisse des positivsten aller möglichen Paradiesmodelle, verwaltet vom gütigsten und gerechtesten Gott („Die Schrecken des Paradieses“)

  • Es gibt eine ewige Wiederkehr des Gleichen, über Millionen von Jahren, Milliarden von Jahren.
  • Jede Handlung, die nicht dem eigenen Genuss dient, verliert automatisch ihren Sinn. Alle haben alles im Überfluss und keiner braucht uns.
  • Keiner weiß, warum und wozu er lebt, das ewige Leben ist sinnlos.
  • Keiner will mehr etwas dazulernen, da jegliche Anreize und Notwendigkeiten dazu fehlen würden
  • Sport ist nicht nötig – der Köper bleibt immer gleich.
  • Es gibt keine Neuigkeiten: es geschieht einfach nichts Berichtenswertes, weil alle so gut und perfekt sind.
  • Wir haben uns so gut wie nichts zu erzählen und es gibt keine kontroversen Meinungen, man kennt ja die Wahrheit. Nur die Erlebnisse auf der Erde dienen noch als Gesprächsstoff, der nie ganz versiegt.

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6. Was, denkst Du, passiert nach Deinem Tod?

Da wir uns aufgrund unserer Wahrnehmungsperspektive alle als Zentrum der Welt erleben, fühlt sich der Gedanke an den eigenen Tod wie eine Art Weltuntergang an. Aber wir sollten uns ein wenig mit der Erkenntnis der Hirnforschung über den illusionären Charakters unseres Ichs trösten. Es wird nur der Vorhang einer Selbsterzählung über mich endgültig geschlossen, die mir ein stabiles, konsistentes Ich über die Zeit vorgaukelt. „Unsere Geschichten sind ersponnen, aber zum größten Teil haben nicht wir sie gesponnen, sondern sie uns“ (Daniel Dennett). Wie instabil diese Illusion ist und wie sehr sie sich täuschen lässt, zeigen einfache Versuche, z.B. die Phantomhand, die wir plötzlich als unsere eigene wahrnehmen.

Da all meine geistigen und seelischen Funktionen auf meinem biologischen Lebendigsein beruhen, hört die Illusion, die wir „Ich“ nennen, einfach auf zu existieren. Es gibt weder eine separate Seele, die irgendwie weiterlebt. Noch gibt es ein Wiederauferstehung, eine Wiedergeburt, die in irgendeiner Weise unsere biologische Existenz betrifft.

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7. Gibt es dir nicht zu denken, dass die Welt so präzise gestaltet ist? wenn man nur eine einzige Naturkonstante verändern würde,  also zum Beispiel die Schwerkraft nur ein winziges Bisschen verringern würde, dann wäre kein Leben mehr möglich.

Warum das Universum gerade so entstanden ist, dass es Leben möglich macht auf der Erde? Drei mögliche Antworten, die Wissenschaftler geben:

  • Es gibt irrsinnig viele Universen, nur in ganz wenigen ist Leben möglich
  • Viele Naturkonstanten könnten sich als notwendig erweisen, damit nicht Nichts ist
  • Es ist reiner Zufall

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8. Wie kann etwas aus Nichts entstehen?

Solche großen Fragen werden wir wohl nie beantworten können. Vielleicht ist es sogar eine schöpferische Kraft, die das bewirkt. Die man dann auch meinetwegen Gott nennen kann. Nur – wenn es solche eine Kraft gab, dann hat sie seitdem den Dingen ihren naturalistischen Lauf gelassen. Dieser Gott hätte mit unseren Wunschvorstellungen, mit unserem personalen Verständnis, absolut nichts zu tun. Der Urknall ist aber auch nur eine Theorie, an der ich nicht hänge. Wenn die Wissenschaft eine bessere Hypothese entwickelt hat, lasse ich mich gerne von dieser überzeugen. Vielleicht leben wir ja alle nur in einer Matrix (berühmteste Hypothese in diese Richtung vom Philosophen Nils Bostrum 2003).

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9. Kannst Du Dir wirklich vorstellen, dass die Menschen von Affen abstammen?

Oh ja, man braucht sich nur Videos von einigen klugen Affen anzusehen, die systematisch trainiert wurden, um einen Teil unserer symbolischen Sprachwelt zu verstehen. Beispiel: der Gorilla Koko, der die Gebärdensprache erlernte. Affen fehlen einige Elemente, die uns zum Menschen machten (Sprache, Nachahmung, kumulative Kultur), aber unter solchen Bedingungen der Nähe zum Menschen und des kontinuierlichen Trainings kann man anschaulich und in aufrüttelnder Weise erkennen, wie nah uns einige Affenarten tatsächlich sind. Und die heutigen Gentests sollten ja wohl jeden Zweifel an der Wahrheit der Theorie Darwins beseitigen. Das Wissen über Ähnlichkeiten und Unterschiede geht ja heute bis nur genetischen Ursache von Unterschieden (sog. AluY-Element für den Verlust des Affenschwanzes, bewiesen an Mäusen).

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10. Wie unterscheiden Menschen Gut von Böse, wenn uns Gott dies nicht tief in unsere Seele geschrieben hat?

Ganz tief in die Seele eingeschrieben ist „gut“ und „böse“ ganz und gar nicht. Dafür haben wir uns in der Geschichte als viel zu moralisch anpassungsfähig gezeigt an völlig unterschiedliche kulturelle Umgebungen und völlig unterschiedliche moralische Vorstellungen entwickelt. Das Gegenteil ist der Fall: wir waren eine Spezies, die Menschenopfer und Sklaverei für normal erachtet hat. Wir wurden aber im Laufe der kulturellen Entwicklung ethisch klüger und erweitern unseren ethischen Horizont, versuchen z.B. auch mehr Gerechtigkeit für für alle zu gewährleisten, beseitigen z.B. die Unterdrückung der Frau, überwinden Sklaverei und Rassismus, sehen auch Eingeborene in entlegensten Teilen der Welt mit primitiver Religion als gleichberechtigte Menschen. Dieser Fortschritt setzt sich gegen die Kirche und ihre heiligen Texte durch, vor allem die Gleichstellung der Frau musste sich im Widerstand gegen religiöses Denken durchgesetzt werden. Unsere freiheitliche Gesellschaft hat sich sehr wohl als lernfähig erwiesen, immer wieder ethisch dazuzulernen. Homosexualität ist nicht böse – auch wenn die Religiösen das behaupten.

Was den ethischen Fortschritt bewirkt ist die Aufklärung: die Feststellung des eigenständigen Wertes jeden Individuums, basierend auf unserem Verstand und unserem Mitgefühl – gegen kollektivistische Gruppen, die Selbstbestimmungsrechte des Individuums begrenzen und den Einzeln auf die Gruppenziele einschwören wollen. Nur weil wir im Geiste der Aufklärung unseren Verstand und unser einzigartiges, individuelles Bewusstsein als etwas begreifen, was wir alle haben, sehen wir ein, dass die Menschenrechte, die wir errungen haben, im Prinzip auch allen anderen Menschen auf der Welt zustehen. Und weil wir mitfühlende Wesen sind, führt die rationale Erkenntnis der Gleichwertigkeit dazu, dass wir nicht mehr gleichgültig hinnehmen, wenn Unrecht geschieht, sondern die Welt verbessern wollen, Gutes mehren und vermeidbares Böses, auch das Anderen geschieht, abwenden wollen. Vielleicht denken wir dabei manchmal sogar zu utopistisch.

Religiöses Denken verhindert oft ethischen Fortschritt. Wenn wir auf dem Stand der Bibel oder des Korans stehen geblieben wären, dann hätten wir die kulturellen Bedingungen der Entstehungszeit dieser Religionen bis heute konserviert. Wer sich als an Religion orientiert was die Moral anbetrifft, der redet einer kulturellen Zeitmaschine das Wort. Und orientiert sich an Göttern, die typischerweise die männlichen Exemplare der Gläubigen dieser Religion als die einzig wirklich vollwertigen Menschen ansieht, die Menschen anderer Religion und Frauen sind außen vor. Das ist die Konsequenz des Monotheismus der abrahamitischen Religionen, wie er von männlichen Klerikern erfunden wurde.

Wie sehr unsere Regeln von eigenen ethischen Standards abhängen, zeigt das sog. Eutyphron-Dilemma, das auf Platon zurückgeht. In der modernen atheistischen Fassung führen die Behauptungen des Gläubigen gegenüber dem Atheisten, dass einerseits Gottes Gebote gut seien, weil sie von Gott ausgehen und andrerseits Gott nichts Inhumanes wie Sklaven zu halten von uns fordern würde, dazu, dass der Gläubige eigentlich eingestehen müsste, dass er selbst den Kompass in der Hand hält, den er an Gott anlegt und den er nur auf ihn projiziert.

Alle Antworten auf Frage 10

11. Was denkst Du denn, warum so viele Dinge (Heilungen, Rettungen, Naturphänomene) passieren, die sich auch die Wissenschaft nicht erklären kann?

Vor 100 Jahren konnten wir noch viel weniger von den Dingen wissenschaftlich erklären, vor 1000 Jahren fast gar keine. Was für ein Gott ist das, der Lückenfüller ist für all das, was wir noch nicht erklären können? Es wäre jedenfalls ein dramatisch an Zuständigkeit verlierender Gott. Ein Gott auf dem Rückzug! In Wahrheit sind es die Kirchen, die diese Rückzugsgefechte liefern und glauben, das naturalistische Weltverständnis, das wir eigentlich alle in uns haben, dadurch erschüttern zu können. Wir haben dieses naturalistische Weltverständnis, weil sich unser ganzes Erwartungsverständnis über die Ereignisse, die kommen, aufgebaut hat und immer wieder aufbaut aufgrund unser Erfahrung, wie sie die Dinge ereignet haben und wie sich Ursache- und Wirkungszusammenhänge entfalten haben. Das gilt heutzutage auch für fast alle religiösen Menschen, die über etwas Bildung verfügen! Sie machen sich selbst und anderen etwa vor, wenn sie anderes behaupten.

Selbst der berühmte Bußprediger Savonarola z.B., der in Florenz im 15. Jahrhundert ein religiöses Tugendreich errichten wollte (siehe das „Fegefeuer der Eitelkeiten“) schreckte am Ende davor zurück, unversehrt durch eine Feuerwand von 30 Metern gehen zu wollen, um zu demonstrieren, dass er hundertprozentig an seinen göttlichen Auftrag glaubte. Es siegte sein Verstand und seine naturwissenschaftliche Bildung. Und damit verlor er endgültig den Rückhalt des Volkes, so dass es am Ende zu seiner Hinrichtung kam. Aber auch er war sich der unentrinnbaren natürlichen Wirkungszusammenhänge bewusst als es darauf ankam.

Menschen haben eine angeborenes Fehlverhalten, was die Erkenntnisvermögen angeht, das man als hypersensitives Akteursentdeckungssystem bezeichnet. Wir vermuten sehr schnell hinter allen Phänomen absichtliche Ursachen und Akteure mit Absichten. Im Zweifel erkennen wir lieber fälschlicherweise einen Schatten als ein Raubtier und rennen weg, als das wir gefressen werden. Deswegen erschien es uns ohne medizinische Kenntnisse in der Zeit der Bibel oder im Mittelalter auch nur allzu natürlich, dass sich die wundersame Heilung dem Eingriff eines gütigen Gottes verdankt, der Gebete erhört hat. Aber die Realität ist anders: die wahren Kräfte kämpfen z.B. auf mikroskopischer Ebene in unserem Körper, einige im Sinne unserer Heilung, andere schaden unserem Körper. Wir kennen nun diese Zusammenhänge: und auch der Gläubigste geht lieber zum Arzt als zum Priester, wenn es darauf ankommt. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen.

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