Abgang eines Lobbyisten

Eine traurige Nachricht erreichte uns dieser Tage: Der Landtag in Wiesbaden und auch der hr-Rundfunkrat müssen Abschied nehmen von Jörn Dulige, Cheflobbyist der Evangelischen Kirchen in Hessen. Dulige – dessen offizieller Titel „Beauftragter der Evangelischen Kirchen in Hessen am Sitz der Landesregierung“ lautet – geht im Mai 2023 in Ruhestand. Zum Hintergrund: Der Beauftragte vertritt zugleich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) sowie die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR), deren Kirchengebiete hessisches Territorium umfassen. Wer neugierig ist, was ein Beauftragter so alles treibt, wird auf der Webseite des Evangelischen Kirchenbüros Hessen am Sitz der Landesregierung fündig.

Mit dem Abgang Duliges geht – so darf man das wohl sagen – eine Ära zu Ende. Immerhin dreißig Jahre, seit 1993, war Dulige als Kirchen-Lobbyist in Wiesbaden aktiv. Dem hr-Rundfunkrat gehört er als Vertreter der evangelischen Kirche seit 1999 an, von 2009 bis 2017 hatte er den Vorsitz des hr-Rundfunkrates inne, seit 2017 ist er dessen stellvertretender Vorsitzender. 

PR im Blut

Dulige ist ein Vollblut-Lobbyist, pardon, PR-Profi. Nach seiner Ordination arbeitete er fünf Jahre als Gemeindepfarrer, was ihn wohl nicht ganz ausfüllte, denn er war gleichzeitig auch in einer Frankfurter PR-Agentur tätig. Nach der Schnupperphase an der Basis wechselte er ins Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, wo er für Öffentlichkeitsarbeit und Ausbildungsfragen zuständig war. Danach dann der Sprung in die Landeshauptstadt Wiesbaden.

Dort gilt Jörn Dulige, der „Kirchendiplomat“, als „Garant für den konstruktiven Austausch zwischen Kirche und Politik in Wiesbaden“. Und er hatte offenbar ein Händchen dafür, kirchliche Anliegen auf angenehmste Art und Weise bei den relevanten Leuten zu platzieren. Oder wie es der Wiesbadener Kurier in einem Jubel-Würdigungsartikel zu seinem 60. Geburtstag ausdrückt: „Legendär sind heute die Gartenfeste des Beauftragten, die sich über die Jahre zu einem landesweiten Stelldichein von Politik, Kirche, Kultur, Medien und Gesellschaft entwickelt haben.“ So macht man das. 

Schweres Erbe für den Nachfolger

Wollen wir also für die Menschen in Wiesbaden, die sich in Politik und Medien tummeln, wünschen, dass sich der Nachfolger, Dekan Martin Mencke, des Dulig’schen Erbes würdig erweist. Eigentlich wollte Mencke noch im letzten Jahr Landesbischof der Badener Landeskirche werden, hatte aber in der Stichwahl verloren. Aber Wiesbaden ist ja auch ganz nett.

Quellen:

Evangelisches Büro Hessen am Sitz der Landesregierung

Wiesbadener Kurier: Wiesbadener Dekan wird Kirchendiplomat

Der Kirchendiplomat in Hessens Hauptstadt

Kurzvorstellung Jörn Dulige als Mitglied des hr-Rundfunkrates

Wiesbaden lebt: Martin Mencke bleibt in Wiesbaden