Für Säkulare eine Enttäuschung: der Koalitionsvertrag zwischen CDU und Bündnis90/Die Grünen

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen steht. Aus säkularer Sicht sicher kein großer Wurf: Es findet sich dort viel Wertschätzung von Religion und Kirchen, wenig bis gar keine für Säkulare. Das „Bekenntnis zum „Staatskirchenverhältnis“ (gemeint ist wohl das Verhältnis von Staat und Kirche, die so genannte „hinkende Trennung“, wie der bestehende Zustand auch genannt wird, weil es sich eben nicht um eine echte Trennung handelt) wird ausdrücklich betont. Änderungen gegen den Willen der Kirchen dürften von dieser Koalition nicht zu erwarten sein, denn man setzt auf „eine lebendige Partnerschaft mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften“ und will „gesellschaftliche Fragen an die besondere Stellung der Kirchen in unserem Land (…) im  vertrauensvollen Dialog mit ihnen besprechen“.

Auch beim Thema Religionsunterricht wenig Neues: Zwar soll der Ethikunterricht flächendeckend gewährleistet werden, gleichzeitig findet sich im Koalitionsvertrag ein ausdrückliches „Bekenntnis“ zum bekenntnisorientierten Religionsunterricht.

Die relevanten Stellen aus dem Koalitionsvertrag haben wir zum Nachlesen zusammengestellt.

B. Wir wollen die Gesellschaft zusammenhalten 

I. Gesellschaft einen

Seite 28 (Zeilen 1221 -1225)

Für eine offene und vielfältige Gesellschaft -Antidiskriminierungspolitik stärken, Strukturen für Akzeptanz und Vielfalt verankern 

Akzeptanz und ein diskriminierungsfreies Miteinander sind wichtige Bestandteile einer modernen Landespolitik. Alle Menschen gehören mit ihren Lebenswirklichkeiten zu Hessen – mit jeder Hautfarbe und ethnischen Herkunft, als Frauen, Männer, trans*-und intergeschlechtliche Personen, mit ihrer jeweiligen Religion oder Weltanschauung, mit oder ohne Behinderung, in jedem Lebensalter und mit ihrer jeweiligen sexuellen  Identität. 

(…)

D. Wir antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit  

I. Bildung verlässlich gestalten

Seite 88 (Zeilen 3750 – 3765)

Werte vermitteln  – Respekt leben 

Wir wollen die politische Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche innerhalb wie außerhalb der schulischen Bildung stärken. Werte, Normen und soziale Kompetenz werden bereits in der Grundschule vermittelt. Wir müssen für ein Lernklima sorgen,  das einer Verrohung der Gesellschaft frühzeitig und entschieden entgegentritt. Grundrechtsklarheit, Wertevermittlung und Demokratieerziehung sind entscheidende  Grundlagen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für eine zielgerechte   Extremismusprävention. Keine Tradition kultureller, religiöser, familiärer oder anderer  Art darf den Verfassungstext relativieren. Die Grundrechte der Verfassung und unsere  Rechts- und Werteordnung habe n absolute Geltung. Die Schulen tragen dazu bei, die  Kinder und Jugendlichen in deren Geist zu mündigen Staatsbürgern zu erziehen.   

Unabhängig davon erfordert sowohl die zunehmende Säkularisierung als auch die  weltanschaulich – religiöse Vielfalt der heutigen Gesellschaft eine Auseinandersetzung mit diesen Themen an öffentlichen Schulen, u.a. um den Respekt und das Verständnis   für unterschiedliche Weltanschauungen zu stärken.   

(…)

Seite 99-100 (Zeilen  4106  -4153)

Glaubens- und Bekenntnisfreiheit schützen

Wir bekennen uns zur Achtung und zum Schutz der Freiheit der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Vielfalt religiöser Bekenntnisse und das Miteinander mit   Menschen, die sich keiner Religion zugehörig fühlen, wollen wir auf der Grundlage von  Toleranz, Respekt und Friedfertigkeit gestalten. 

Wir bekennen uns zum bekenntnisorientierten Religionsunterricht an den Schulen nach Artikel 7 GG und wollen daher auch weiterhin ein religiöses Angebot für Schüler muslimischen Glaubens anbieten. Kooperationspartner, die keine Gewähr dafür  bieten, dass der Unterricht unserer verfassungsrechtlich en Ordnung entspricht, akzeptieren wir als Partner nicht. Unterrichtsangebote, die diese Voraussetzungen  nicht erfüllen, werden wir beenden und Alternativangebote für Schüler muslimischen   Glaubens schaffen. In einem solchen Fall würde das Land in alleiniger Verantwortung das Angebot „Islamunterricht“ schaffen.  Wir werden uns dafür einsetzen, die flächendeckende Versorgung mit Ethikunterricht sicherzustellen.   

Die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände sowie die Glaubensgemeinschaften sind eine Bereicherung unseres vielfältigen Gemeinwesens und leisten einen für unsere   Gesellschaft unverzichtbaren sozialen und kulturellen Beitrag. Sie bieten den Menschen wichtige Orientierung und unterstützen den Staat in seinen  sozialstaatlichen Aufgaben. Wir setzen daher auch in Zukunft auf eine lebendige Partnerschaft mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften.  

Am bewährten Staatskirchenverhältnis halten wir ebenso fest wie an den geübten Formen der Zusammenarbeit und Begegnung mit den Kirchen. Gesellschaftliche Fragen an die besondere Stellung der Kirchen in unserem Land werden wir im  vertrauensvollen Dialog mit ihnen besprechen. 

Die Landesregierung führt die bewährten Gespräche mit den Kirchen fort. Wir sind   dabei auch offen für ein Gespräch über die Umsetzung von Artikel 52 der Hessischen Verfassung. 

Wir sind uns der besonderen Verantwortung gegenüber jüdischem Leben in unserem Land bewusst. Die Unterstützung der jüdischen Gemeinden und der jüdischen  Wohlfahrtspflege hat eine hohe Bedeutung. 

Die Zunahme des Antisemitismus werden wir nicht hinnehmen. Wir werden weiterhin   entschieden dagegen vorgehen. Auch in der neuen Legislaturperiode werden wir dafür sorgen, dass es einen Beauftragten des Landes für jüdisches Leben und den Kampf  gegen Antisemitismus gibt. Die Menschen muslimischen Glaubens und ihre Religionsgemeinschaften sind fester Bestandteil Hessens und leisten einen wertvollen Beitrag zum Zusammenhalt unserer  Gesellschaft.  

Um die Zusammenarbeit sowie den politischen und gesellschaftlichen Dialog mit den  in Hessen lebenden Menschen muslimischen Glaubens verbindlicher und regelmäßiger zu gestalten, berufen wir ein „Dialog Forum Islam Hessen (dfih)“ ein.  

Gemeinsam mit den Hochschulen wollen wir mit den muslimischen Vertreterinnen und  Vertretern, insbesondere auch liberalen Muslimen ausloten, wie eine Imamausbildung   und der Einsatz deutschsprachiger Imame in Moscheen ermöglicht werden kann. Wir  wollen das Angebot muslimischer Seelsorge sowohl in Krankenhäusern als auch in   Justizvollzugsanstalten ausbauen.   

Quelle:

KOALITIONSVERTRAG zwischen CDU Hessen und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Hessen für die 20. Legislaturperiode 

Aufbruch im Wandel durch Haltung, Orientierung und Zusammenhalt“

https://www.gruene-hessen.de/partei/files/2018/12/Koalitionsvertrag-CDU-GRÜNE-2018-Stand-20-12-2018-online.pdf