Für die Kirchen ist Weihnachten ein Fest – endlich stehen sie wieder im Mittelpunkt des Medieninteresses. Schon Wochen vorher wird berichtet, sämtliche Aspekte des Themas breitgewalzt, in schönster Ignoranz der Tatsache, dass nur noch die Hälfte der Bevölkerung christlich organisiert sind. Die Kirchen dürfen zum Frieden mahnen, ganz so als hätte Religion nichts mit vielen Auseinandersetzungen auf der Welt zu tun, und sich als Hüter der Menschenrechte darstellen, so als wären diese von ihnen erfunden und nicht etwa gegen ihren erbitterten Widerstand durchgesetzt worden.
Das Christkind als Rattenfänger
Im Mittelpunkt dieser herzerwärmenden Weihnachtsinszenierung stehen alle Jahre wieder die Kinder. Weihnachten ist ja das Familienfest schlechthin und so dreht sich alles um den potentiellen Kirchenmitgliedernachwuchs. Die Weihnachtsgeschichte ist ja auch herzergreifend, da steckt jede Menge Rührungspotenzial drin. Das liebe Jesulein, im Stall zwischen Tieren auf Stroh gebettet, ist der perfekte Hauptdarsteller, denn welches Kind könnte sich damit nicht identifizieren?
Und so gibt es rund um Weihnachten alles, was das Kinderherz begehrt. Da sind die Krippenspiele, bei denen man sich verkleidet und auf der Bühne steht und singt. Es wird ganz viel gemeinsam gebastelt, gern großformatige Weihnachtsdeko und die muss natürlich gezeigt werden. So ist man als Kirche in der Öffentlichkeit präsent und wer was dagegen hat, ist erstmal der Böse, denn das haben doch Kinder mit ganz viel Herzblut gemacht. Doppelt perfide. Und natürlich gibt es viele Geschenke, so als wäre Schenken der eigentliche Sinn von Weihnachten, schließlich hat das liebe Jesulein ja auch Geschenke bekommen. Kein Wunder also, dass Kinder Weihnachten lieben.
Was den kleinen Weihnachtsfans allerdings verschwiegen wird, ist, warum das liebe Jesulein überhaupt geboren wurde: nämlich um ihm 30 Jahre später grausam den Garaus zu machen. Weil die Menschheit sich nicht so benommen hat, wie der „liebe“ Gott es gern gehabt hätte und dieser nun ein Menschenopfer fordert, um sich besser zu fühlen und es noch mal mit den Menschen zu versuchen. Um es ganz klar zu sagen: Das liebe Jesulein ist ein Opfertier, das nur auf die Welt kommt, um später als Sündenbock abgemurkst zu werden von einem rachsüchtigen Gott.
Erst kommt das Fressen …
Dieses garstige Drumherum wird natürlich schön abgekoppelt vom Weihnachtswohlfühlfeeling. Und nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen fallen darauf rein: Weihnachten lassen wir es uns gern so richtig gut gehen, der anstrengende religiöse Hintergrund wird fröhlich ausgeblendet. Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2011 zum Thema, was Menschen mit Weihnachten verbinden, waren die Top-3-Nennungen: Tannenbaum, Geschenke und Zeit mit der Familie. Nur eine Minderheit, nämlich 32 Prozent, denkt bei der Veranstaltung auch an ihren Anlass, die Geburt Jesu. Ein Heiland wurde geboren, aber warum und wofür? Egal. Damit beschäftigen wir uns, wenn’s so weit ist.
Das wäre dann an Ostern, das vielleicht noch schizophrener ist als Weihnachten. Mit der Passionsgeschichte kommt das Osterfest inhaltlich etwas düster daher und ist für die Zielgruppe Familien/Kinder eigentlich eher ungeeignet. Aber für die Kirche kein Problem: Dank Verschmelzung mit Fruchtbarkeits- und Frühlingsthematik wird Ostern für die Kinder als buntes Fest mit Häschen, Küken und Schoko-Eiern inszeniert. Dass das liebe Jesulein jetzt als Folteropfer das Zeitliche segnen soll, so der Plan, muss man ja für die Kleinen nicht an die große Glocke hängen.
Perfidie in Perfektion
Dinge aus- und einzublenden, so wie es ihnen am besten passt, darin sind die Kirchen tatsächlich Meister. Weihnachten als Familienfest ist für sie der perfekte Aufhänger, um sich als vermeintlich unentbehrlich zu inszenieren – und die eigentliche Geschichte dahinter dezent in Zuckerwatte zu verpacken. So nutzen sie auf perfide Weise Begeisterung und Gutgläubigkeit derjenigen, die am wenigsten wissen können, worum es geht: die Kinder. Und wir Erwachsenen machen gute Miene zum bösen Spiel. Wir lassen uns von schönen Gefühlen den Blick trüben für die abschreckende Botschaft hinter der Weihnachtsidylle: Die Kirche feiert ein geplantes Menschenopfer. In diesem Sinne: Frohes Fest!