Auf dem synodalen Holzweg?

Der synodale Weg wurde im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche initiiert. Getragen von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken wurde der Gesprächsprozess zur Reformen innerhalb der katholischen Kirche dann am 1. Dezember 2019 eröffnet. Noch bevor es losging, zeigte Rom schon mal kurz, wo der Hammer hängt: Am 29. Juni 2019 schrieb Papst Franziskus einen Brief „an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“, in dem er speziell auf den Synodalen Weg Bezug nahm. Darin ermutigte er einerseits die Katholiken in Deutschland zu Reformen, gleichzeitig warnte er, es dürfe nicht um eine Anpassung an den Zeitgeist und um rein strukturelle Fragen gehen.

Davon unbeeindruckt machten sich die Synodalen auf den Weg und haben gestern auf der dritten Synodalversammlung zur Erneuerung der katholischen Kirche in Deutschland eine Reihe von Reformbeschlüssen verabschiedet. Da geht es u.a. um die Segnung homosexueller Paare, die Zulassung von Frauen als Diakoninnen, das Ende des Zwangszölibats von Priestern sowie Änderungen des kirchlichen Arbeitsrechts. So sollen homosexuelle oder geschiedene und wiederverheiratete Mitarbeiter:innen keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr befürchten müssen. 

Eine neue katholische Kirche

Interessante Ideen, eine quasi ganz neue katholische Kirche wäre das. Aber halt, so neu ist das tatsächlich nicht. All das und noch mehr gibt es nämlich bereits bei den so genannten Alt-Katholiken. Doch der Name, der erzkonservativ riecht, ist irreführend. Entstanden ist diese Variante der katholischen Kirche nach dem Ersten Vatikanischen Konzil, auf dem u.a. das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes verkündet wurde. Diese Entscheidungen sahen einige deutsche Konzilsteilnehmer als nicht mit der Bibel und der katholischen Tradition in Einklang stehend und gründeten die Alt-Katholische Kirche. Sie versteht sich zwar als katholisch, lehnt aber einige Glaubenssätze ab und sieht sich als unabhängig von Rom. So ziemlich alles, was die Synodalen jetzt als Reformforderungen auf den Weg bringen möchten, ist bei den Alt-Katholiken längst Alltag: Frauen als Priesterinnen, Segnung (und demnächst auch Trauung) schwuler und lesbischer Paare, Eucharistie für Wiederverheiratete, Wahl von Pfarrer:innen und Bischöf:innen durch die Gemeinden. You name it, they’ve got it. 

Synodalität im katholischen Sinn

Und so fragt man sich als Außenstehende erstaunt, warum die reformhungrigen Katholik:innen nicht einfach rübermachen zu den Alt-Katholiken. Warum festhalten an einer Organisation, die so ganz offensichtlich nicht reformiert werden möchte? Denn das hat der Botschafter von Papst Franziskus in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic in seinen mahnenden Worten an die Synodalversammlung deutlich gemacht: Entscheidend ist, was der „Heilige Vater“ in Rom sage. Synodalität müsse laut Papst Franziskus im katholischen Sinne verstanden werden: Eine wahre Synode sei vom Heiligen Geist erfüllt „und nicht ein Parlament oder eine Befragung von Meinungen, wie es die Medien tun können“.

Eine wahre Synode ist nicht ein Parlament oder eine Befragung von Meinungen, wie es die Medien tun können.

Nikola Eterovic, Botschafter des Vatikans in Deutschland

Und irgendwie kommt einem dabei der Gedanke, dass die Synodalen die römisch-katholische Kirche nicht so ganz verstanden haben. Obwohl es doch eigentlich ganz einfach ist: Der Papst als Nachfolger Petri und Stellvertreter Christi auf Erden sagt, wo’s langgeht, Ende der Durchsage. Wenn die Gläubigen mit der katholischen Sexualmoral nicht klarkommen, dann liegt das Problem bei den Gläubigen, nicht bei der Sexualmoral. Wo kämen wir denn da hin, wenn das Pilgervolk mitentscheiden würde? Was die Alt-Katholiken vor 150 Jahren schon bemerkt haben, vielleicht bemerken es die Synodalen ja auch noch. Zu wünschen wäre es ihnen.

Quellen:

Alt-katholische Kirche – Alternative zum Vatikan?

Vor 150 Jahren – Wie der Papst unfehlbar wurde

Hadern und Zweifeln

Wikipedia: Synodaler Weg

Website „Alt-Katholisch“